Dunkel ist der Raum, so wie die Nacht dort draußen vor dem Fenster. Ein dunkelhaariger Jüngling greift zur leuchtenden Kerze und einem in Leder gebundenen Buch. Der Titel ist nicht mehr zu lesen, ebensowenig der Autor - doch der Jüngling kennt den Inhalt. Geradezu andächtig öffnet er den Folianten, überspringt einige Seiten bis zu der einen, ganz hinten, auf der das Lesezeichen ruht, und liest.
Verloren
Und so trat sie vor mich
ihr gülden Antlitz raubte mir den Atem
ihr allzu wundervollst Gesicht
ein Ansporn mir für alle meine Taten
So wenns sich nicht gehört
so wenn es sich nicht pflegt
so stark sie mich betört
größt' Gefühl sich in mir regt
Doch wenn ein G'fühl das and're beerbt
wenn durch Äußerlich's das Innere beschwert
wenn es, das doch so schmerzensvoll begehrt
von and'rer Stell' für immer doch verwehrt
Wenn das Glücke dann der Trauer weicht
ein tobend Orkan der plötzlich wird so seicht
wenn nur noch ist ein arg zerreißend Schmerz
der zerschmettert mein und dein und unser Herz
Vernehmtst des Vater Schrei
Mit euch dies soll nicht sein
und stehend anbei
zusammen, trotzalledem allein.
Urplötzlich wird die Tür aufgerissen, und ein streng dreinschauender Mann mit einer Lampe steht in der Tür. Er starrt auf den Jüngling, dann auf das Buch. Wütend stapft er in Richtung des Bettes, entreißt dem Jungen das Buch, blättert ein wenig in ihm und schmeißt es dann mit erboßtem Blicke in den Kamin.
"Christophe, wie oft ermahnte ich dich schon, nicht diesen Schund zu lesen, dies ist keine richtige Poesie, dies ist die Schlechte, die Falsche, die Verdorbene!"
Er ohrfeigt den Jungen und verlässt schnellen Schrittes den Raum.
von 4rcane